Malerei,  Bildende Kunst

Michail Parlamas: Wiederverbindung mit dem inneren Kind

Mit seiner bisherigen künstlerischen Laufbahn repräsentiert Michalis Parlamas, wohl verdient, die von dem griechischen Maler und Akademiker Vangelis Dimitreas gegründete Schule.

Während seines frühen Studiums an der Universität für Kunst in Thessaloniki, neben dem Künstler Dimitreas, wird Parlamas in die morpho-anatomische Plastizitätsdynamik des menschlichen Körpers und Gesichts eingeführt. Er zeichnet sich durch sein intensives Experimentieren und seinen Versuch aus, die menschliche Figur auf der Oberfläche des Papiers und der Leinwand zu integrieren, nicht als tatsächliche Darstellung, sondern als abstrakten Gestaltungsprozess, der zu wesentlichen, häufig verzerrten Linien führt.

Er gehört, zusammen mit einer Gruppe früherer Schüler von Dimitreas, wie Nina Kotamanidou, Stavros Valkanis und Antonis Migos , der 90er Generation an und wird von deren Erfahrungen geprägt und von der Pop-Art fasziniert. Der Aufstieg der Videoclip-Industrie, MTV, die damalige Mode, der Einsatz von Computern und Videospielen geben ihm ungeahnte Impulse.

AP: Wie haben sich die neuen Reize der 90er Jahre auf Ihre Arbeit und Ihre Liebe zur Pop Art ausgewirkt?

Selbstporträt

MP: Ich gehörte der neuen Generation von Popkünstlern an. Uns überkam die Xenomanie und alle wollten ins Ausland fahren. Wir alle hatten das Gefühl, dass Griechenland nicht zu uns passte, dass wir Fremde in unserem Land waren, Trophäen einer traurigen Generation.

Vielleicht hat das extrem frühe Stadium der Bewegungen für die Rechte von Frauen und Minderheiten, die Entwicklung eines ökologischen Bewusstseins und der Aktivismus in Griechenland zu dieser Zeit den rastlosen Geist des damals jungen Parlamas dazu veranlasst, in London dem Abenteuer und dem Wissen nach zu gehen.

AP: AP: Dimitreas war ein Professor, der von seinen Studenten im Grossen und Ganzen geliebt wurde. Was hat die Trennung von ihm und das Ende dieser Zeit für Sie bedeutet?

MP: Wir hatten eine elterliche Beziehung zu Dimitreas aufgebaut. Er war wie der Vater, den ich nicht gehabt hatte. Als ich nach London ging, fühlte ich mich wie ein Kind, das vor seiner Familie wegläuft und nach neuen Erfahrungen sucht.

Er schreibt sich am Central Saint Martins ein und freut sich darauf, die Pop-Art und die Prinzipien seines Professors weiterzuführen. Doch nichts von alledem passiert. Er studiert in der Nähe von Alex Landrum, mit dem er einen direkten Konflikt gerät. Im Grunde genommen ist es ein Streit zwischen zwei verschiedenen Schulen der Lehre und Methodik der Malerei.

Tasos

AP: Als Sie nach London gegangen sind, haben Sie sich dann völlig von der zeitlichen Periode von Dimitreas abgeschnitten?

Rito

MP: Ich wollte dort weiterarbeiten, wo ich aufgehört hatte. Jetzt, wenn ich darüber nachdenke, wäre ich wohl lieber in die USA gezogen. Während dieser Zeit in Saint Martins herrschte eine starke Ideologie, dass die Malerei tot sei. Es war für jeden Künstler hoffnungslos, mit der Renaissance zu konkurrieren, da die Malerei in dieser Zeit ihren Höhepunkt erreicht hatte. Mein Professor sagte mir, dass die Malerei ein sehr anspruchsvolles Medium sei, mit dem man sofort verglichen werde, deshalb dürfe man nicht einfach nur gut sein, sondern müsse hervorragend sein.

AP: Woran erinnern Sie sich am lebhaftesten aus der Zeit, als Sie in London bei Professor Alex Landrum studierten?

MP: Alex Landrum. Sehr konzeptionell. Wir konnten uns nicht einigen. Er hatte einen bissigen Humor, sehr britisch. Stellen Sie sich vor, dass er während meines ersten Tutoriums zu mir sagte: "Es scheint, als ob du auf die Oberfläche der Leinwand gekotzt hättest". Zehn Jahre später habe ich seinen Spruch entschlüsseln können. Er war der Meinung, dass ich keine Methodik hatte und dass ich zu instinktiv an die Sache herangehe, dass ich sofort anfange und auf die Leinwand male, wie ich es in Thessaloniki zu tun pflegte. Diese Erkenntnis hat mir gut getan, weil ich aus meiner Komfortzone herauskam und somit eine Methodik entwickelte. Jedoch ham ich auch an einen Punkt an, an dem ich die Lust verlor. 

Rito mit Lavalampe

Ich dachte mehr nach, wurde wurde von einer Phobie ergriffen. Ich hatte meine Spontanität beim Malen verloren. Vielleicht konnte ich das Ganze einfach nicht kontrollieren. Nun beziehe ich mich auf Dinge, die passieren und unkontrollierbar sind, was wir einen glücklichen Zufall oder den kreativen Zufall nennen.

Hercules Furens

Er findet einen Ausweg in der Kunst der Museen und Galerien, in der Hektik des Londoner Lebens und in den Jugendtreffs ohne Filter und Abwehrmechanismen. Er charakterisiert diese Zeit als experimentell, aber notwendig für seine zukünftige Entwicklung und seinen Kurs.

 

Zyklop

AP: Während Sie sich in London in der Tate und anderen Galerien herumgetrieben haben, gab es etwas, das Sie später beeinflusst hat, die ersten Werke der Pop Art zu zeichnen?

MP: Ich liebte England als Kunstzentrum. Ich war an allem interessiert, was um mich herum geschah, ohne Schutz und Filter. Ich begann, mich selbst zu verlieren, aber ich gab nicht auf und schuf weiter. Es war eine experimentelle Zeit, die mir geholfen hat, herauszufinden, was ich nicht machen will.

In dieser Zeit ist sein Werk unruhig, ohne eine Spur von Konzentration und mit einer "Egal"-Haltung, wie sie heute unter Künstlern üblich ist. In East London, wo er lebt, wird er brutal überfallen. 

Der Vorfall verändert seine Wahrnehmung des Lebens und der Kunst völlig. Bei dem Versuch, den Vorfall zu verarbeiten, macht er sich mit dem psychoanalytischen Ansatz von Carl Jung vertraut.

Er kehrt nach Griechenland zurück und zieht sich vollständig von allen sozialen und künstlerischen Kontakten zurück. Er zieht sich in sein Atelier zurück, wo er die Werkserie "Gods + Monsters" schafft. Es ist ein Eintauchen in den Pop-Surrealismus und die Lowbrow-Bewegung. Durch eine Fülle von multikulturellen Symbolen wird eine Welt der Kontraste eingefangen, die durch einen individuellen Code gefiltert wird.

Horus

DIESE SEITE TEILEN

Die übermäßige Verwendung von Symbolen, die endlose Stunden an Detailarbeit erforderte, befriedigt ihn nicht mehr. Er hat das Gefühl, dass der Betrachter dadurch der Freiheit beraubt wird, seine eigene Geschichte zu erschaffen. So beginnt die nächste Serie von "Floats", die nur den Plastikschwimmring als Symbol verwendet.

Implosion

Er findet einen Ausweg in der Kunst der Museen und Galerien, in der Hektik des Londoner Lebens und in den Jugendtreffs ohne Filter und Abwehrmechanismen. Er charakterisiert diese Zeit als experimentell, aber notwendig für seine zukünftige Entwicklung und seinen Kurs.

AP: Wie wird der Float zu einem Hauptelement in Ihren Werken?

MP: Die Floats waren eine Reaktion auf meine früheren Arbeiten. Diese übermäßig detaillierte Malerei wurde sehr unpraktisch und zeitaufwendig, und ich merkte, dass ich meine Arbeit so sehr überfrachtete, dass die Bedeutung hinter meiner Arbeit zu verworren wurde.  

Letztendlich hatte ich das Gefühl, dass ich das Publikum auf eine ganz bestimmte Erzählung hinlenkte, die ich nicht haben wollte. Im Gegenteil, ich wollte, dass meine Arbeit für mehr Interpretationen offen ist. Daher begann ich, nach und nach Elemente zu entfernen, was schließlich zur Entstehung der Pool Float-Serie führte.

Er findet allmählich zu dem Kind zurück, das er in sich verbirgt, frei von Regeln. So beginnt er, die intellektuelle Lücke zu schließen, die sich seiner Meinung nach zwischen der Zeit vor und nach England gebildet hatte. Die Serie von Werken mit dem Titel "Floats" markiert die allmähliche künstlerische Wende von Michalis Parlamas während der Zeit an der Universität für Kunst in Thessaloniki.

AP: Was hat Sie dazu veranlasst, die Zeit an der Universität für Kunst in Thessaloniki und die Einflüsse, die Sie von Dimitreas haben, neu zu untersuchen?

Matryoska

Fotos: mit freundlicher Genehmigung des Künstlers/ © Michail Parlamas

MP: Die ganze Zeit über quälte mich ein einziger Gedanke, dass eine innere Kluft zwischen dem, was ich früher war, und dem, was ich nach meinem siebenjährigen Aufenthalt in England geworden war, entstanden war. Mit anderen Worten: Ich hatte das Gefühl, dass ich den Kontakt zu mir selbst verloren hatte. Und wissen Sie was, ich glaube, dass die treibende Kraft für den bildenden Künstler - das ist eine persönliche Meinung, aber ich denke, sie gilt für viele - die Verbindung mit unserem inneren Kind ist.

Parlamas arbeitet an großformatigen Gemälden. Auf der Leinwand fängt er die Freiheit des Ausdrucks ein, die ihm alle Arten von Regeln verwehrten. In der Werkserie "Floats" ist das flüssige Element ein weiterer Hinweis auf die neue Übergangsphase, in die seine Werke eintreten, um die neue, aus 10 Porträts bestehende Werkserie "Selfiesh" zu erreichen.

Jesus liebt dich

Abonnieren Sie unseren Newsletter

 
de_DEDE