Skulptur,  Bildende Kunst

Florina Skulptur Symposium

Symposium für Marmor skulpturen in Florina

Meine lange Reise von Athen nach Florina galt den letzten Tagen des Marmorskulpturensymposiums in Florina, an dem die vier bekannten griechischen Bildhauer Vasilis Vasili, Panayiotis Lamprou, Dimitris Skalkotos und Odysseas Tosounidis teilnahmen.

Das Symposium fand im Rahmen der kulturellen Interventionen der Κunstuniversität von Florina statt. Ziel war es, den Beitrag der Hochschule durch die Stärkung der kulturellen Identität der Stadt und deren Förderung hervorzuheben. 25 Tage lang - vom 8. Juni bis zum 2. Juli - hatten die Einwohner der Grenzstadt im Nordwesten Griechenlands die Gelegenheit, zum ersten Mal zu sehen, wie Bildhauer riesige Blogs mit Rohmarmor aus Kozani in Ausdrucksformen von Gefühlen und Ideen verwandelten. 

Doch war es auch für mich eine unerwartetes Erlebnis. Bei diesem Symposium gab es keine thematische Einheit. Die Bildhauerinnen und Bildhauer waren frei, sich offen auszudrücken und mit neuen Formen zu experimentieren. Alle vier Skulpturen basieren auf Entwürfen, die je nach Inspiration und den Herausforderungen, die das zu bearbeitende Material an die Bildhauer stellte, im Laufe der Arbeit verändert wurden. Die vier Skulpturen verbleiben in der Stadt Florina und sind Eigentum der Hochschule für Bildende Künste von Westmazedonien.

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Dimitris Skalkotos

Die Skulptur mit dem Titel "Improvisation" beruht auf eine Studie über die realistische, aber auch die immerwährende emotionale Bewegung von Menschen. In einer stark abstrahierten Form stellt Skalkotos drei Körper auf dem Marmorkörper dar. Jeder von ihnen ist der Träger drei verschiedener Emotionen. Diese bilden zusammen die Form einer geschlossenen Haarnadel in einer fließenden, höchst tanzbaren Form. Bislang hatten Skalkotos' Skulpturen Bezüge zu Buchstaben und Wörtern, basierten auf geraden Linien und waren stark kubistisch geprägt. Doch hat ihn diese Periode erschöpft. In Florina experimentiert er zum ersten Mal mit organischen Formen und schlägt damit ein neues Kapitel in seinem Werk auf. Ein weiteres neues Element, das er mit dieser Skulptur einführt, sind die Gravuren von vertikalen und horizontalen Linien auf der Oberfläche des Marmors, die dem Werk ein malerisches Aussehen verleihen.

Das Ergebnis ist der spontane Ausdruck und nicht ein Blueprint, da auf der Skulptur selbst lebenswichtige menschliche Organe, die Emotionen produzieren, wie das Herz und das Gehirn identifiziert werden können. Die beiden Öffnungen in der Mitte und am Sockel der Skulptur haben eine symbolische Bedeutung und verweisen auf das, was er sagt: "Alles beginnt mit einer Leere." So markieren die Reliefs das Ende und den Anfang als einen Akt des immerwährenden Todes und der Wiedergeburt.

Panayiotis Lamprou

Die Skulptur gehört zu einer 2018 begonnenen Werkserie von Lamprou, die sich auf die Flüchtlingsproblematik bezieht, ein Thema, das er auch 2022 beim Bildhauersymposium in Patras gezeigt hat. So schwer und hart der Marmor ist, so ist auch das Thema, an dem der Bildhauer arbeitet. Die Skulptur hat eine ganzheitliche Bedeutung, existenziell für die Menschheit, tief verwurzelt in dem ewigen Bedürfnis der Menschen, von einem feindlichen Ort auf der Suche nach einem anderen Ort zu fliehen, in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Mit Floninas Skulptur erinnert Lamprou auch an den jüngsten tragischen Schiffbruch vor Pylos in Griechenland, den er in das Werk einfließen lässt, indem er eine Ansammlung menschlicher Figuren schafft, die versuchen, als eine Einheit durch eine allegorisch fließende Welt aufzutauchen. Die tief eingeschnittenen horizontalen Rillen spielen auf die Dynamik des menschlichen Strebens und die sich ständig verschärfende Flüchtlingskrise an. Ursprünglich war geplant, die gesamte Oberfläche der Skulptur mit tiefen horizontalen Schnitzereien zu bedecken, doch Lamprou zog es schließlich vor, einige Teile des Marmorkörpers glatt und flach zu lassen. Das Ergebnis ist ein visuelles Gleichgewicht zwischen skulpturalen und konzeptuellen Kontrasten, da flache berflächen für die Sackgassen oder die unerfüllten Träume, Erwartungen und Bemühungen um ein besseres Leben stehen können.

Vasilis Vasili

Für Vasilis Vasili trägt der Marmor seit seiner Entstehung als Rohstoff im Untergrund einen persönlichen Code, den der Bildhauer respektieren muss, wenn er ihm eine neue Substanz verleiht. Das auf dieser Philosophie basierende Werk Florina zeichnet sich durch eine tief durchdachte abstrakte Version der skulpturalen Form aus, die auch in anderen Werken von Vassilis zu finden ist. Sie weist zwei Aspekte auf, die in der Reinheit und Einfachheit der Volumina und Achsen harmonieren, aber in den Spannungen kontrastieren. Während die eine Seite der Skulptur dynamische Volumen und Achsenanordnungen aufweist, entwickelt sich die andere Seite sanfter. Aufgrund dieses Verhältnisses von Eigenständigkeit und Dialog zwischen den Seiten kann der Betrachter das Werk auf zwei Arten lesen: von milden Spannungen zu dynamischen und umgekehrt. Die Skulptur ruht auf einem Sockel, der nicht nur ihren Hauptkörper trägt. Mit der an der Vorderseite eingearbeiteten Schräge nimmt der Sockel aktiv an der Dynamik des Ganzen teil und bildet eine Rampe im Uhrzeigersinn, die sich diesmal gegen den Uhrzeigersinn bis zum Boden der Skulptur fortsetzt. Die nächste große dynamische Achse ist der schräg eingemeißelte Marmorblock, der oben breiter und an seinem Ende schmaler wird und sich zu 2/3 völlig löst. Er scheint sich von der ebenen Fläche, die ihn trägt, lösen zu wollen, auf der Suche nach einer eigenständigen Existenz. Aus diesem Grund hat Vasilis eine raue Textur auf der Innenseite des Volumens und einige anarchische Oberflächengravuren auf der Vorderseite geschaffen, die diesen Versuch unterstreichen. Die andere Seite des Sockels und des Hauptkörpers zeigen mildere Spannungen der Form.

Die abgeschrägte rechteckige Form bleibt zwar mit dem Hauptkörper der Skulptur verbunden, ist aber so gebogen, dass sie leichter wirkt als die Vorderseite, was durch die an der Basis gebildeten Achsen betont wird. Es ist, als ob der Bildhauer sie etwas weiter nach oben gehoben hätte, wobei er dem ursprünglichen Ruf der Achsen folgte, ohne eine vollständige Loslösung vom Hauptkörper anzustreben. Ein zusätzliches dynamisches Element der Florina-Skulptur ist die Einbeziehung der Schatten, die das natürliche Licht auf den Volumen und Achsen erzeugt, als Teil der Skulptur in der Art und Weise, wie sie auf ihren flachen Oberflächen reflektiert werden.

Odysseas Tosounidis

Die Skulptur Florina ist ein Beispiel für die typische abstrakte Form von Odysseas Tosunidis, die darauf abzielt, das Licht einzufangen und seine Philosophie über die Reise vom Leben zum Tod auszudrücken. Die Skulptur besteht aus drei rechteckigen, quaderförmigen Volumina, die jeweils durch eine andere axiale Zeichnung gekennzeichnet sind. Diese Volumen symbolisieren die lineare Ausbreitung des Lichts, seine Umwandlung in Energie und den Beginn seiner Rückwärtsbewegung. Das zentrale Volumen ist zwar kürzer, dient aber als Fundament für die beiden anderen Volumen. Seine ungleichmäßige Längenverteilung auf dem hohen Sockel bietet nicht nur Halt, sondern besitzt auch eine eigenständige räumlich-zeitliche Qualität. Dieses Volumen hat die Geschwindigkeit des Lichts erreicht, überschreitet die Zeit und verwandelt den Punkt im Raum in ein Ereignis.

Photos: © athina’s

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